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Internationales Symposion

Bild Gabentraeger

 

Nachdem meine Vorväter und deine Vorväter einander Freundschaft erklärt hatten, schickten sie einander jeweils ein schönes Grußgeschenk und schlugen einander keinen Wunsch nach etwas Schönem ab. Jetzt hat mein Bruder zwei Minen Gold als mein Grußgeschenk geschickt. Nun, wenn Gold reichlich vorhanden ist, schicke mir soviel wie Deine Vorfahren; und wenn es knapp ist, sende mir die Hälfte von dem, was Deine Vorväter schickten. … Als Dein Grußgeschenk schicke ich Dir drei Minen guten Lapislazuli und fünf Pferdegespanne für fünf Streitwagen aus Holz.“ (aus dem Brief des babylonischen Königs Burnaburiasch an Amenophis IV)

Eine Vielfalt an schriftlichen Keilschriftdokumenten veranschaulicht zahlreiche Kontakte zwischen verschiedenen politischen Einheiten des östlichen Mittelmeerraumes in der späten Bronzezeit. Sie dokumentieren diplomatische Kommunikation mit stark formalisierten Zügen auf der Basis des Gebens von Gaben und der Verpflichtung diese zu erwidern. Der Gabentausch ist ein anthropologisch verbreitet beobachtetes Phänomen menschlichen Sozialverhaltens und beruht auf dem Prinzip der Reziprozität. Er nimmt die unterschiedlichsten Formen und Dimensionen an und trägt den Charakter sozialer Verpflichtung.  Anschließend an die in der letzten Zeit intensiv geführten Diskussionen um Formen von Kulturkontakten und Kulturtransfer stellt unser Symposion Fragen nach den konkreten Mechanismen und Wegen des Austauschs von materiellen Gütern und Knowhow zwischen den Groß- und Kleinstaaten der Ägäis, Anatoliens, Syriens der Levante und Ägyptens im 2. Jt. v. Chr. In der Zusammenschau der schriftlichen und archäologischen Quellen wollen wir eine Perspektive auf die konkreten Formen des Austauschs im Zusammenspiel der politischen und wirtschaftlichen Kräfte entwickeln. Reziproker Gabentausch im diplomatischen Kontakt und redistributive Mobilität von Gütern in asymmetrischen politischen Verhältnissen prägen die regionale und überregionale Kommunikation in unterschiedlicher Weise.

Sowohl in den schriftlichen Zeugnissen als auch im archäologischen Kontext können wir den Austausch von Prestigegütern wie Schmuck, Gefäßen und Textilien, Rohstoffen, spezialisierten Berufsgruppen oder exotischen Tiere beobachten. Korrespondenz und Verträge informieren uns über den überregionalen Austausch zwischen den politischen Eliten, der deutlich formalisierte Züge trug, während administrative Urkunden mehr Informationen über die tatsächlichen Abläufe des Gütertransfers in einer regionalen und überregionalen Perspektive vermitteln. Daran schließen auch Fragen nach den Akteuren in der Abwicklung des Güter- und Gabentauschs und nach der Rolle palastabhängiger und privater Händler an.

Archäologische Kontexte bezeugen die Zirkulation von Prestigegütern, die entweder als fertige Produkte importiert oder aus importierten Rohstoffen lokal hergestellt wurden. Diese treten in unterschiedlichen Konzentrationen und Kombinationen in einer Reihe von Kontexten auf, seien es Paläste, Tempel, Siedlungen oder Gräber, und folgen unterschiedlichen Verteilungsmustern. Woher kamen welche Rohstoffe und welche Fertigprodukte, und unter welchen Bedingungen wurden sie von wem und durch wen verhandelt? Lassen sich Regionen der Herstellung und direkte als auch indirekte Wege der Verteilung ermitteln? Welche Regeln existieren im überregionalen Austausch? Welche Möglichkeiten und Pflichten kamen den Kleinstaaten der Levante zwischen den Großmächten der Hethiter, Assyrer und Ägypter zu und welche Rolle spielten die mykenischen Paläste der Ägäis im internationalen Geflecht des Güteraustauschs? Können wir ein Modell der politischen und wirtschaftlichen Interaktion entwickeln?

Im Rahmen eines internationalen Symposions werden Archäologen und Philologen aus Deutschland, Schweiz, Österreich, Italien, Frankreich, Belgien, Tschechien, Großbritannien, Kanada und U.S.A gemeinsam diese Themen konkret anhand der aktuellen Auswertung archäologischer und schriftlicher Zeugnisse auf interdisziplinärer Ebene diskutieren.

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