Koloniale Kontexte in der Ur- und Frühgeschichtlichen Lehrsammlung der Universität Freiburg
Die Lehrsammlung der Abt. Urgeschichtliche Archäologie sowie Frühgeschichtliche Archäologie und Archäologie des Mittelalters umfasst mehr als 11.000 Objekte, die in den Jahren 2018/19 vollständig inventarisiert wurden. Die auf alten Fundzetteln sowie in einer in der ersten Hälfte des 20. Jhs. geführten Inventarliste festgehaltenen Informationen machen deutlich, dass eine Reihe von Objekten aus Regionen stammt und vermutlich in Zeiträumen und unter Umständen erworben wurde, als diese unter formalen Kolonialherrschaften standen bzw. die von kolonialen Strukturen geprägt waren. Dadurch ergeben sich zahlreiche Verdachtsfälle für koloniale Kontexte in den Erwerbungsgeschichten der Funde.
Vor diesem Hintergrund wurde von Mai bis November 2024 ein „Erstcheck“ durchgeführt, der 1. die Verifizierung der Verdachtsfälle, 2. die Aufdeckung weiterer kolonialer Provenienzen, 3. die Prüfung von Zusammenhängen zu kolonialen „Forschungsexpeditionen“ in Verbindung mit der Freiburger Universität vor dem Ersten Weltkrieg, 4. die Dokumentation aller verfügbaren Informationen und damit 5. die Schaffung von Voraussetzungen für weitere Recherchen zu Personen und Netzwerken in kolonialen Kontexten im Fach zum Ziel hatte.
Zentral war dafür die Archivrecherche an der Universität sowie an weiteren Einrichtungen, die im Laufe der über 150 Jahre umfassenden Geschichte der Lehrsammlung institutionell mit ihr verbunden waren. Dadurch sollten möglichst alle in Freiburg vorhandenen Informationen zu den entsprechenden Ankäufen und Schenkungen und den daran beteiligten Personen gesammelt und aufgearbeitet werden.
Die Ergebnisse bestätigen, dass sich im heutigen Bestand der Ur- und Frühgeschichtlichen Lehrsammlung mehrere Objekte aus Regionen, die zum Beschaffungszeitpunkt formal unter europäischen Kolonialherrschaften standen, befinden. Dazu gehören Artefakte aus Indien, Indonesien, Papua-Neuguinea, Namibia, Simbabwe und Südafrika. Sie sind teils als Schenkung, teils durch gezielten Ankauf überwiegend zwischen den 1870er und den 1940er Jahren in die Sammlung gelangt.Darüber hinaus wurden im Rahmen des Projektes Kontakte zu anderen Ur- und Frühgeschichtlichen Lehrsammlungen im deutschsprachigen Raum, die eventuell Ähnliches in ihren Beständen bewahren, geknüpft und zur Auseinandersetzung mit der Thematik im Fach insgesamt beigetragen. Die Ergebnisse des Projektes sind u. a. in die jeweiligen Datensätze in der Bilddatenbank Freikon eingepflegt, in einer Vitrine im Abteilungsgebäude präsentiert und sollen durch eine Publikation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Kontakt: laura.kuhn@ufg.uni-freiburg.de
Gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste
Colonial Contexts in the Prehistoric and Early Medieval Teaching Collection of the University of Freiburg
The teaching collection of the Departments of Prehistoric Archaeology and Early Medieval and Medieval Archaeology of the University of Freiburg comprises more than 11,000 objects, which were fully inventoried in 2018/19. Original notes that were kept with the objects and an inventory list from the first half of the 20th century make it clear that a number of finds originate from regions and were presumably acquired in periods and under circumstances when these were under formal colonial rule or were affected by colonial structures. This gives rise to numerous suspected cases for colonial contexts in the acquisition histories of the finds.
Against this background, an “Initial Check” was carried out from May to November 2024 with the aim of 1. verifying the suspected cases, 2. uncovering further colonial provenances, 3. examining connections to colonial “expeditions” linked to the University of Freiburg before World War I, 4. documenting all available information and thus 5. creating the conditions for further research on persons and networks in colonial contexts in the discipline.
Central to this was research at the University‘s archive and at other institutions that were institutionally connected to the teaching collection over the course of its 150-year history. The aim is to collect and analyze all available information in Freiburg on the relevant acquisitions and donations and the people involved.
The results confirm that the prehistoric and early medieval teaching collection includes several objects from regions that were formally under European colonial rule at the time of acquisition. These include artifacts from India, Indonesia, Papua New Guinea, Namibia, Zimbabwe and South Africa. They entered the collection partly as donations and partly through purchases, mainly between the 1870s and the 1940s.In addition, as part of the project, contacts were established with other prehistoric and early medieval teaching collections in German-speaking countries, which may have similar items in their collections, and contributed to the discussion of the subject in the discipline as a whole. The results of the project are added to the respective data records of the Freikon image database, presented in a display case in the department building and will be made accessible to the public through a publication.
Contact: laura.kuhn@ufg.uni-freiburg.de
Funded by the German Lost Art Foundation