Die Stadtmauern von Waldkirch
Von Andreas Haasis-Berner M.A.
A: Die erste Stadtmauer
Allgemeines:
Im heutigen Stadtbild ist der Verlauf der Mauer kaum noch zu erkennen. Auch die symbolische Begrenzung der Stadt ist durch zahlreiche Durchbrüche aufgehoben. Es lohnt sich aber gerade aus diesem Grund sich einmal vorzustellen, welche Wege der Bürger gehen musste bzw. konnte, um die Stadt zu verlassen. Es standen ihm nur vier Möglichkeiten zur Verfügung, nämlich die zwei großen Tore an der Großen Gasse (heute Lange Straße) und die zwei Tore (Richtung Oberstadt bzw. Elz). Heute ist die Stadtbefestigung an sechs weiteren Stellen durchbrochen. Die Stadt »sprengte« ihre mittelalterlichen Grenzen durch den umfangreichen Bau von Häusern vor der Stadt und durch die Anlage von Wegen bzw. Straßen durch die Mauer erst im späten 18., besonders aber im 19.Jh.
Neben der Bezeichnung »mure« (1316/20) ist »Ringmauer« im 15.Jh. als Name der Mauer gebraucht. Leider nicht genau zu lokalisieren ist ein Haus, welches 1473 als »in der Stadt am oberen Thurm und der Ringmauer« gelegen bezeichnet wird.[2] Das Haus gehörte ursprünglich Hans Knuttel und wurde an Heidenreich Schnelßdorffer verkauft. Hier ist aber erstmals die Mauer als »Ringmauer« erwähnt.
a) Tore
Die Schwachpunkte einer Befestigung sind immer die notwendige Durchgänge. Sie wurden seit jeher mittels Türmen und Toren verstärkt. Entsprechend den vier Hauptausgängen, hatte Waldkirch vier Tore. Das Niedertor Richtung Freiburg, das Ober- oder auch Schwabentor Richtung Elzach, das Walkertor am Gewerbekanal und das Obere Törle Richtung Kloster/Oberstadt.
Niedertor:
Die erste Erwähnung des Niedertores, also des Tores Richtung Freiburg, stammt aus dem Jahre 1396. Anläßlich eines Verkaufes eines Krautgartens des Wollep Smit - einem Mann der auch im Rat der Stadt Waldkirch saß - wird die Lage dieses Gartens als »bi dem niedern thor, anstossend an Junker Hans Hübschmann« beschrieben.[3] In diesem Tor war, wie seit 1490 nachweisbar ist, die Stadtuhr und eine Glocke untergebracht [4]. Im Laufe des 30-jährigen Krieges werden die Glocken offenbar in Mitleidenschaft gezogen, da sie 1636 wie auch am Oberturm wiederhergestellt werden.[5] Die Wachstube wird aufgrund des Beschlusses, diese 1649 wieder herzurichten, erwähnt. Das zeigt, daß auch ein Kämmerlein für den Wächter vorhanden war. Aus was für Gründen auch immer, wurde 1653 der Beschluß gefasst, die Tore an Sonn- und Feiertagen geschlossen zu halten. Um den Bürgern den Aufbau der im Krieg zerstörten Häuser zu ermöglichen, wird 1688 gestattet, Steine vom Tor zu entfernen. Das Tor wird allerdings in seiner Gestalt nicht beeinträchtigt, da die älteste Stadtansicht von 1714/16 den Turm als massiven, mehrgeschossigen Steinbau zu erkennen gibt. Doch die Bausubstanz hatte gelitten. 1753/54 droht der Turm einzustürzen, wird aber neu gebaut.[6] Eine etwas schematisierte Ansicht der Südseite Waldkirchs zeigt ebenfalls den Turm.[7]
Wie bei vielen mittelalterlichen Städten zu verfolgen, ist mit der Wende zum 19.Jh. das Ende für die mittelalterlichen Befestigungen gekommen. In vielen Städten werden bewußt die baulichen Reste des Mittelalters beseitigt. Der Untere Turm wird 1820 entgültig abgebrochen.
Als 1993 in diesem Bereich eine Gasleitung verlegt wurde wurden die Reste des Turmes, sowie ettliche Sandsteinquader angeschnitten. Eine eingehende Untersuchung oder Dokumentation unterblieb, weswegen über das tatsächliche Aussehen des Turmes, seine Abmessungen, Bauphasen etc. nicht ausgesagt werden kann.
Das Ober-/Schwabentor:
Bei dem Richtung Elzach liegenden Tor handelt es sich um eines der zuerst erwähnten Tore. Schon im Berain von 1316/20 wird es genannt. 1334, 1441, 1473, 1491 und 1505 je ein weiteres Mal.[8] In diesem Zusammenhang ist auf Hinweise zur Bebauung Waldkirchs einzugehen. Der Vergleich mehrerer Urkunden [9] zeigt, daß im ersten Drittel des 14.Jh. drei Häuser in der Großen Gasse standen. Diese gehörten einigen der reichsten Familien des Elztales (Liebermann, Hübschmann). Wahrscheinlich handelt es sich um die Häuser auf der Westseite der Straße. Im Verlauf des 30-jährigen Krieges wurde 1638 der Oberturm von den Weimarern angezündet. Allerdings wurde er schon 1651 wieder erneuert, die dennoch 1668/1669 weitere Arbeiten notwendig machten. 1677 wurde dieser Turm gesprengt. Jedoch führte dies nicht zu seiner völligen Beseitigung, da der Turm erst 2 Jahre später völlig einstürzte und dabei das danebenstehende Haus beschädigt. 1755 wurde der Turm abgebrochen und neu erbaut. 1796 soll er aber abgetragen worden sein.[10] Zu dieser Zeit befand sich die Wohnung des Wächters im Turm.[11] Archäologische Untersuchungen sind nicht bekannt.
Walkertor:
Auch dieses Tor wird am Anfang des 14.Jh. (1316/20) erwähnt. 1402 ein weiteres Mal.[12] Es schließt sich hier die Frage nach der Überquerung des Gewerbekanales an. Eine solche Möglichkeit ist vorauszusetzen. Ob das Problem mittels einer festen Steinbrücke oder mittels einer Zugbrücke gelöst wurde, ist unklar. Die beiden Schwibbögen an der Ringstraße und der Schützenstraße sind Werke des 13.Jh. Ob eine solche Brücke an der Stelle des Walkertores vorhanden war, wissen wir nicht. Möglicherweise wurde auf eine feste Brücke aus Sicherheitsgründen verzichtet.
1633 übersteigen die Hochberger beim zugemauerten Walkertor die Stadtmauer und dringen in das danebenliegende Amtshaus ein.[13]
In den Ratsprotokollen des 17.Jh. ist vom Walkertor nicht die Rede, sondern nur von dem Obern und Unteren Tor, sowie von Oberen Törle. Dies kann ein Zeichen sein, daß die hier ehemals vorhandene Holz (?)-brücke im Verlauf des 30-jährigen Krieges abgebrochen oder zerstört wurde. Um 1725 wird das Gerber- bzw. Walkertor wieder geöffnet.[14] 1761 wird eine Treppe beim Gerbertor zum Mühlbach gebaut.[15] Der Wechsel in der Bezeichnung von Walker- zu Gerbertor spiegelt eine wirtschaftliche Entwicklung wieder. Offensichtlich wurde die Walke (sie stand an der Stelle der heutigen Bibliothek, also außerhalb der Stadt) aufgegeben, und eine Reihe von Gerbern siedelten sich entlang des Gewerbekanales an, da sie auf Wasser angewiesen waren. Eine Reihe von Pritschen und/oder Türen am Kanal zeigen noch heute die Lage der ehemaligen Gerber an, die hier ihre Häute wuschen oder trockneten.
Das Walkertor dürfte mit der Stadtmauer gebaut worden sein. Vor 1633 wurde es allerdings zugemauert, und erst 1725 wieder geöffnet. 1823 wurde die Mauer am Gerbertörle abgetragen. Wann das Tor abgebaut wurde, ist nicht klar.
Oberes Törle (Richtung Oberstadt):
Dieses Tor scheint nicht mehr als ein Durchlaß, eine Pforte zur Oberstadt gewesen zu sein. Es wird stets nur als Tor und nie als Turm bezeichnet. Ferner findet es erst recht spät Erwähnung (1441, 1481). Wie das Gerbertor, so scheint auch dieses Tor - unbekannt aus welchen Gründen und zu welchem Zeitpunkt - zugemauert worden zu sein. 1572 wurde es wieder geöffnet, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der damaligen Neugestaltung des Marktplatzes, während der die Metzig abgebrochen wird und ein sehr repräsentativer Brunnen errichtet wird.[16] 1767 wird es mit einem Teil der Stadtmauer beim Bau der neuen Obervogtei beseitigt.
Allgemeines zur Stadtbefestigung:
Die beste Stadtgefestigung nutzt nichts, wenn sie nicht auch durch Menschen besetzt wird. »Kunzi der wehter« ist der erste, den wir namentlich kennen, und welcher die Aufgabe gahabt haben wird, die Stadt zu bewachen und jede Stunde mit dem Horn zu blasen. Er wird Anfang des 14.Jh. genannt.[17] Je zwei Wächter sollen an den Toren und im Stadtgraben am Ende des 15.Jh. ihr Amt versehen haben. Ab 1511/12 bis 1662 ist eine ununterbrochene Liste der städtischen Turmbläser bekannt. Sie mussten vom Oberen Turm aus zwischen 20 Uhr abends und dem Morgen zu jeder Stunde auf ihrem Horn blasen.[18] 1629 - also mitten im 30-jährigen Krieg - werden die Wächter erwähnt, die »unter dem oberen Törle« mit brennender Lunte Wacht halten.[19] 1632 werden wegen der Kriegsgefahr je 2 Wächter an den Haupttoren und 1 Wächter am oberen Törle, 4 Nachtwächter und 1 Turmbläser verpflichtet.[20] 1636 werden am oberen Törle sogar 3 Wachen bestellt.[21] Nach dem Ende des Krieges war dei Gefahr von marodierender Soldadeska wesentlich verringert, so daß 1662 die Turmbläser ganz abbestellt werden und 1668 die Wachen auf jeweils 1 Person reduziert werden konnten. 1672 wurden sie sogar bis auf weiteres abbestellt. Im 17.Jh. wurden die Tore um 9 Uhr abends verschlossen.
Alle Personen und Waren, die in die Stadt wollten, mussten die Tore passieren. Eine der wichtigsten Einnahmequellen der Stadt bestand aus den Zöllen, die bei der Einfuhr von Gütern in die Stadt erhoben wurden. Daher hängte an jedem Tor eine Zolltafel. Ein Zoller wird 1649 am Oberen Tor erwähnt.
Die Tore waren auch Orte des Rechts, wie aus einem Zeugenverhör im Jahre 1481 hervorgeht.[22]
b) Türme
Auf einem Gemälde von 1714/20 ist Waldkirch von der Nordseite her dargestellt. Die dabei abgebildete Mauer weist an der NO-Ecke einen Rundturm auf, und an der Nordmauer einen halbrunden Turm. Ein weiterer ist hinter dem zentralen Bildmotiv- der Friedhofskapelle - zu erwarten. Daher dürfte die Stadtmauer zummindest auf der Nord- wie auf der Südseite jeweils zwei halbrunde Türme aufweisen. Einer der Türme auf der Nordseite war bis in unser Jahrhundert hinein erhalten geblieben. 1976 schreibt H.Rambach, er sei »vor wenigen Jahren unbefugter Weise abgebrochen« worden.[23] Von diesen Türmen ist heute nichts mehr zu erkennen.
Von den vier Ecktürmen war um die Jahrhundertwende noch der südöstliche Turm bis auf ca. 3m Höhe erhalten (s.Photo). Wahrscheinlich fiel er dem Bau des Hauses, in de sich heute der Kindergarten befindet, zum Opfer. Der einzige heute noch erhaltener Rest eines Stadtmauerturmes ist der sog.Rabenturm an der Südwestecke der Stadt. Ingesamt hatte Waldkirch zwei Tortürme, vier Ecktürme und vier Türme, die zum Bestreichen der Nord- und Südmauern dienten.
c) Mauer
Im Berain von 1316/20 wird die »mure« erstmals erwähnt. Während des 30-jährigen Krieges suchte man die Umwehrung durch vorgebaute Palisaden zu verstärken (1636).[24]
Die Stadtmauer war ein freistehendes Mauwerk. Anbauten waren nicht vorgesehen, ja sogar verboten. So wurde 1652 Thomas Wehrli zu einer Strafe verurteilt und zum Abriß eines Gebäudes gezwungen, welches er verbotenerweise an die Stadtmauer angebaut hat.
Obwohl 1662 noch 20 Klafter der Mauer neu aufgeführt werden, wird ab dem Ende des 17.Jh. teilweise gestattet, daß bauliche Veränderungen wie z.B. eine Tür angelegt werden, so 1686 dem Gerber Franz Baumann oder 1710/20 dem Gerber Johann Frank zum Gewerbekanal hin.
Die Schleifung der Stadtmauern nach der Einnahme der Stadt 1705 soll mit 400 Mann 12 Tage gadauert haben. Ob die äußere oder die innrere Mauer geschleift wurde, oder beide, ist nicht zu ermitteln.
1719 wird die Stadtmauer als schadhaft und gefährlich beschrieben, was wohl dazu führt, 1725 einen Teil zum Abbruch freizugeben.
Die Mauertechnik ist - obwohl derzeit noch keine detaillierten Untersuchunngen durchgeführt wurden - recht einheitlich. Es wechselt sich immer eine Lage aus ca. kindskopfgroßen Steinen (Geröll aus der Elz) mit einer schmalen Lage aus wesentlich kleineren Geröllen ab. Die schmale Lage sollte zum Ausgleich und zum Einhalten der Waagrechten dienen.
An verschiedenen Stellen (Damen/Schusterstraße; Turm/Rosenstraße) ist die Mauer noch bis zu einer Höhe von 4-5m erhalten. An allen Stücken, die bis auf diese Höhe erhalten sind, ist wenige Zentimeter unter dem Rand ein Absatz zu erkennen. Dieser dürfte mit dem oberen Abschluß bzw. dem Ansatz eines zu vermutenden Wehrganges im Zusammenhang stehen. An diesen Stellen ist die Mauer der Zeit um 1300 noch fast bis zur originalen Höhe erhalten!
Öffnungen sind nicht häufig, dürften sich aber bei einer genauen Untersuchung erweisen. Eine schmale Schießscharte ist Im Gebäude Turmstraße 7 auf heutigem Gehniveau erhalten.[25]
Die Dicke der Mauer ist nur an wenigen Stellen bekannt. An der gefährdeten Süd-Seite mißt sie 1-1,2m. Die Mauern, die an dem Runzweg, am Gewerbekanal, an der Damenstraße und der Gartenstraße vorhanden sind bzw. untersucht wurden, messen nur noch 40-60cm.
1. Mauer-West
1823 wurden Teile der alten Stadtmauer beim Gerbertörle abgetragen. Heute ist die innere Stadtmauer noch an mehreren Stellen erhalten. So z.B. gegenüber des Geschäftes Wintermantel am Gewerbekanal.
1969 waren »am Lagerhaus der Firma Harbrecht... unter dem Dach.. noch zwei Schießscharten« zu sehen [26]. Dieses Gebäude wurde in der Zwischenzeit abgebrochen.
1.Mauer-Nord
1727 wird dem Rebstockwirt erlaubt, durch die Stadtmauer eine Tür zu brechen. Ob es sich um die West- oder um die Nordmauer gehandelt hat, ist nicht klar.
Beim Bau des Amtshauses (Eckstraße 8/Schusterstr.11) wurde gestattet, die Stadtmauer abzubrechen, und die Steine zum Bau des Hauses zu verwenden (21.3.1730).[27] 1794 sind Teile der Mauer an der Damenmatte baufällig. Man läßt sie verfallen, und jeder muß die Steine von seinem Garten selbst räumen.
Auf der nördlichen Seite ist die Mauer zwischen der Schuster- und der Damenstraße weitgehend erhalten, wenngleich sie auch bis auf ein 1m hohes Mäuerchen abgetragen ist. Sie bildet den Abschluß der Grundstücke der Damenstraße. Bei der Anlage von 2 Tiefgaragen in der Schusterstraße (Nrn. 4/6 sowie 12/14/16) wurde die Mauer angeschnitten und glücklicherweise erhalten. Aufgrund des Befundes läßt sich die Tiefe der Mauer gegenüber der heutigen Oberfläche von ca. 3,5m erkennen.
1.Mauer-Ost
Beim Bau des neuen Amtshauses (heute Polizei) wurde die Stadtmauer überbaut bzw. abgerissen, und das Gebäude zu einem Viertel in den ehemaligen, zugefüllten Stadtgraben gebaut. Diese Entscheidung führte zu zahlreichen Problemen beim Bau des Hauses, da das frisch verfüllte Erdreich das große Haus nicht trug.[28]
Die Schusterstraße wurde erst nach dem 28.8.1845 nach Osten hin verlängert. An diesem Tage wurde das die Straße abschließende Mauerstück auf Abbruch versteigert.[29] Auf der Ostseite ist die Mauer heute weitgehend abgetragen. Nur noch bei Haus Schusterstraße/Ecke Gartenstraße ist neben dem Eingang noch ein 4-5m langes Stück zu sehen. Beim Aushub der gegenüberliegenden Baugrube wurde die Mauer ebenfalls angeschnitten und beseitigt. Beim Bau des Arbeitsamtes 1952 wurde ein längeres Stück der Mauer freigelegt, eingemessen und entfernt. Eventuell gehört ein im Sommer 1995 freigelegtes und dokumentiertes Mauerstück ebenfalls zu dieser Mauer.
1.Mauer-Süd
Zwischen dem heutigen Kindergarten und der Lange Straße ist die ehemalige Stadtmauer fast durchgehend als Südwand der Gebäude vorhanden. Wie auf der Abbildung zu ersehen, war im Bereich des Kindergartens und südlich davon die Mauer als brusthohes, freistehendes Mäuerchen um 1905 noch erhalten.
Im Bereich des Grundstückes Turmstraße 5/7 wurde am Anfang der 70er Jahre die Stadtmauer unter Zuhilfenahme von Preßlufthämmern beseitigt.
Westlich der Lange Straße ist nur noch im Grundstück Ringstraße ?? ein ca. 6m langes Mauerstück vorhanden.
d) Gräben
Vor der Stadtmauer befand sich in aller Regeal auch ein Stadtgraben. Dieser diente als Annäherungshindernis gegen Rammböcke, gegen das Anlegen von Leitern und als Schutz gegen das unbemerkte Unterminieren der Mauern. In Waldkirch ist der ehemalige Stadtgraben nur noch in geringen Resten erhalten geblieben. Der Rest wurde im Verlauf des späten 18.Jh. bis zum frühen 20.Jh. verfüllt.
Schriftquellen berichten etas über den Zustand des Grabens. 1672 sollen die Gärten 2 Schuh vom Rand des Stadtgrabens wegbleiben. Über den Graben führte nur ein Weg zum Gehen, aber nicht zum Reiten. 1674 wird ein Weg entlang des Grabens aufgeführt (sog. Berme) Er war allerdings sehr schmal, da ein Mann in der Nacht hineingefallen ist. Noch 1751 durften die Stadtgräben nicht zugefüllt werden.[30] Allerdings zeigt die Verfüllung an der Ringstraße 7 und der Turmstraße 5/7, daß zu dieser Zeit sehr wohl schon allerhand Unrat in den Graben gekippt wurde. Die Stadtgräben dienten im Falle eines Hochwassers auch zur Ableitung des Wassers.
Auf der Westseite nimmt der Gewerbekanal die Funktion des Stadtgrabens ein.
Nordseite:
Zumindest am Oberen Tor befand sich eine steinerne Brücke über den Graben. Diese wird urkundlich zwar nie erwähnt, wurde jedoch 19?? (vor 1969) bei Straßenarbeiten angeschnitten.
Beim Bau des Reformhauses konnte die Beobachtung bestätigt werden. Leider ist von diesem bemerkenswerten Fund außer mittels eines Schwarz-Weiß-Photos keine Dokumentation erfolgt.
Auf der Nordseite wurde der Stadtgraben bei Bauarbeiten mehrfach angeschnitten. Allerdings ist mir nur bei dem Grundstück Damen-/Gartenstraße eine Beobachtung mitgeteilt worden. Bei der Untersuchung des Untergrundes durch die Firma Leinenkugel, Wiebel+Partner wurde die Tiefe der Auffüllung mit 1,9 - 3,3 m unter dem Baugrubenboden ermittelt (=266,6 - 262,2m NN). Aufgrund des Befundes wurde etwa 7m tief ausgebaggert. Die Tiefe des Stadtgrabens dürfte demnach vielleicht 5-7m betragen haben.
Nach RAMBACH [31] war zwischen dem ehemaligen Kaufhaus Harbrecht (heute Aldi) und dem ehemaligen Schweizer-Hafner'schen Haus »ein letzter Rest des Stadtgrabens zu sehen«.
Ostseite:
Am 15.November 1764 wurde das zukünftige Grundstück für das neue Amtshaus am oberen Marktplatz besichtigt. In dem anschließend ausgefertigten Protokoll ist von einem 1000 Quadratfuß großem Grundstück auf dem zugeschütteten Stadtgraben die Rede.[32] 1761 wird mit dem Bau des neuen Amtshauses begonnen. Dafür werden hier 2 Häuser abgerissen. Der Stadtgraben war hier bereits zugeschüttet.[33]
Auf dem Grundstück Schuster-/ Gartenstraße wurde ebenfalls der Stadtgraben angeschnitten. Bei der Untersuchung durch dieselbe Firma konnte hier eine Auffüllung von 8m unter der heutigen Oberfläche ermittelt werden !
Reste des Stadtgrabens sind auf dem Gelände des heutigen Kindergartens (Gartenstraße Nr. ....) zu erkennen. Der heutige Absatz zwischen der Straße und dem Kindergarten entspricht dem des ehemaligen Grabens. Etwa dasselbe gilt für den Absatz zwischen der Polizei und der Gartenstraße.
Südseite:
1747 pachtet der Kronenwirt den Grabenanteil außerhalb seines Hauses, wohl für landwirtschaftliche Zwecke.
Auf der Südseite der Stadt ist der ehemalige Graben nur noch auf dem Grundstück Ringstraße 7 sichtbar. Eine kleine Gelände-Depression von ca. 2m ist der Rest des ehemaligen Grabens. Als das - 1806 gebaute - Haus im Frühjahr 1995 umgebaut wurde, wurde auch das Fundament freigelegt, um es gegen Feuchtigkeit zu versiegeln. Dabei konnte festgestellt werden, daß das heutige östliche Kellerfenster ehemals ein Eingang gewesen war, die Auffüllung also in der Zwischenzeit erfolgt war. Die Erdschichten auf dieser Seite fielen deutlich wie das heutige Gelände nach Norden hin ab. Innerhalb des Profils konnte Keramik des 15.-19.Jh. geborgen werden. Bemerkenswert sind große Mengen an Knochen. Dies bestätigt die Angaben, daß hier die Stelle der ehemaligen Metzig war, nachdem sie 1573 auf dem Marktplatz abgebrochen worden war. Weiterhin erkennt man aus der Lage der Tür, daß der Stadtgraben Anfang des 19.Jh. nach Osten hin noch weit weniger verfüllt war, als heute.
Die Tiefe des Grabens dürfte in etwa seiner Breite entsprochen haben. An der Ringstraße 7 läßt sich die Breite auf 7-8m angeben. Einen entsprechenden Wert erhält man im Bereich des Kindergartens und aufgrund der Überlegung, daß die Häuser zwischen der Turmstraße und der Blumenstraße aus statischen Gründen außerhalb des Grabens erichtet wurden. Die Tiefe des Grabens ist an einer Stelle mit etwa 5-7m anzunehmen. Die Maße des Grabens dürften sich nach derzeitigem Kenntnisstand auf 7m Breite und 5-7m Tiefe belaufen. Ob es ein Spitzgraben oder ein Sohlgraben war, ist unbekannt. Die Rekonstruktionszeichnung ist nur als Vorstellungshilfe zu verstehen und nicht als Versuch einer detailgetreuen Wiedergabe.
e) Orthäuser
Schon während der Planung der Stadt wurde darauf geachtet, daß die Häuser, die das Tor flankierten, von der Häuserflucht um ca. 1-1,5m nach innen sprangen, um den Durchgang zu verengen.
Dies lässt sich noch heute beim Gasthaus »Krone«, beim Schwarzwälder Hof und bei dem Reformhaus Gremmmelsbacher beobachten.
1.) Am Oberen Tor
Das dem Reformhaus gegenüberliegende Gebäude, in dem heute ein »Aldi« untergebracht ist, wurde erst in diesem Jahrhundert gebaut.
Bis 1904 stand hier ein prächtiges Haus, in dem sich damals das Kaufhaus Harbrecht befand [34]. In den Jahren darauf wurde das Haus in das heutige Jugendstil-Gebäude umgebaut und zurückgesetzt. Auf dem Photo erkennt man gut, daß das Gebäude bis kurz nach 1904 noch die mittelalterliche Bauflucht bewahrt hat. Allerdings wurde das Haus danach breiter gebaut, und kam so mit seiner südlichen Hauswand in die Flucht der ehemaligen 1.Stadtmauer [35]. Doch fiel dieses Haus der Spitzhacke zum Opfer. Noch heute (wie schon 1969 von Rambach bemerkt) ist an Stelle des ehemaligen Kellers eine deutliche Delle im Gehweg und in der Straße zu erkennen.
2.) Am Niederen Tor
Hier verengt das Wirtshaus »Krone« auf der Westseite die Lange Straße. Auf der Nordseite ist das Haus in der Zwischenzeit abgerissen und um ca. 5m nach Osten versetzt neu erbaut worden. Noch auf einer Zeichnung von 1817 ist das Haus und das Tor eingetragen.
3.) Am Walkertor
Das erste Amtshaus des Vorderösterreichischen Regierung befand sich in dem Haus, in dem sich heute der »Schwarzwälder Hof« befindet.[36] Dieses Haus springt mit seiner Südfassade ebenfalls um ca. 2m aus der Bauflucht.
4.) Am Oberen Törle
Das Ortshaus am Oberen Törle wurde spätestens 1763 beim Bau des späteren Bezirksamtes abgebrochen [37].Vielleicht ist die 7m lange Mauer, die 1995 bei Bauarbeiten notdürftig dokumentiert werden konnte, das Fundament eines solchen Ortshauses. Allerdings verweist die dabei gefundene Keramik die Entstehung der Mauer in das 15.Jh. Ein Zusammenhang mit der Befestigung der Zeit um 1300 scheint derzeit nicht möglich.
Zusammenfassung:
Die Stadtbefestigung von Waldkirch entstand spätestens Anfang des 14.Jh. Die ersten schriftlichen Hinweise auf Tore und die »mure« stammen aus einem Berain, der 1316/20 entstanden ist.
Die Befestigung bestand aus einer Mauer und einem Graben, welche die Stadt in Form eines Vierecks umfassten.
Im Westen der Stadt war der Stadtgraben mit dem Gewerbekanal identisch. Die Mauer war an vier Punkten von Toren unterbrochen, und zwar je ein Tor auf einer Seite. Die Tore an der »Grossen Gasse«, wie die Lange Straße damals hieß, waren als mehrgeschossige Türme - das Nieder- Schwabentor im Süden und das Obere Tor im Norden - gestaltet. Die beiden anderen Tore waren wohl nur kleine Durchgänge. Das westlich Tor trug den Namen Walkertor, das östliche den Namen Oberes Törle. Schon an den Namen wird die eher geringere Bedeutung der Bauten deutlich. Die Ecken der Mauer waren durch kleine Rundtürme geschützt. An der SW-Ecke ist ein kleiner Stumpf noch erhalten, alle anderen fielen der Spitzhacke zum Opfer. Die Stadtmauer war etwa 4m hoch, wie anhand der noch vorhandenen Reste und Photographien zu ermitteln ist. Auf einer Abbildung von 1714/20 ist ein Turm an der Nordmauer noch eingezeichnet, ein weiterer ist zu erwarten.
Der vor der Mauer liegende Graben war 5-7m tief und dürfte etwa ebenso breit gewesen sein.
Besser als die Enstehung der Befestigung ist das Ende dokumentiert. Die erste Mauer dürfte bis ins 17.Jh. von wesentlicher Bedeutung für die Stadtverteidigung gewesen sein, da die zweite Mauer offensichtlich nur die Süd- und Westseite schützte. Im Verlauf des dreissigjährigen Krieges musste die Stadt Waldkirch schwere Zerstörungen hinnehmen, die auch die Stadtbefestigung betrafen. Die Schleifung der Stadtmauer 1705 betraf wahrscheinlich nur die zweite Mauer. Die Tortürme wurden wieder erneuert, doch 1796 wurde das Obere Tor, 1820 das untere Tor abgebrochen. Das Walkertor wurde zwischen 1763 und 1794 entfernt, das Obere Törle 1767. Der Stadtgraben (Süd) diente in der Mitte des 18.Jh. teilweise als Garten, während Ende des 17.Jh. die Gärten noch einen Abstand von 2 Schuh von Stadtgraben einhalten mussten. Im Osten war 1764 schon ein großes Stück verfüllt. Eine wesentliche Rolle bei der Stadtbefestigung spielten die sog. Orthäuser, die den Durchgang am Tor verengten. Das Orthaus am Oberen Törle wurde vor 1763 abgerissen. Das Orthaus am Oberen Tor wurde kurz nach 1904 um 5m zurückversetzt. Das östliche am Niederen Tor wurde nach 1817 abgerissen.
Anmerkungen:
- ZGO 36, 312f
- UkHlG I, Nr.734.
- RAMBACH I, 56.
- RAMBACH I, 126.
- RAMBACH I, 245.
- Von Rambach auf das Jahr 1771 datiert, allerdings ohne Angabe von Gründen. Im Elztalmuseum steht in der Bildunterschrift »Anfang 17.Jh.«.
- ZGO 36, 293, 225. FISCHER, Nr.80 (1491)
- ZGO 36, 225 (1441), 293 (1334), 294 (1337)
- RAMBACH, in: WKHB 47, Juni 1969, 3.
- RAMBACH I, 284
- ZGO 36, 223
- RAMBACH I, 113
- RAMBACH I, 215.
- RAMBACH I, 249.
- RAMBACH I, 80.
- RAMBACH, Pro Musica. in: SIL 105, 1986, 251. Die Datierung des Zinsrodels von St.Nikolaus ist bei Rambach mit "um 1280" angegeben. Diese Datierung muß korrigiert werden.
- RAMBACH, Pro Musica
- RAMBACH I, 102
- RAMBACH I, 104
- RAMBACH I, 126
- WETZEL I, 290
- RAMBACH, Stadtgründungen 1976, 34.
- RAMBACH I, 121.
- Herrn Bayer sei an dieser Stelle für Auskünfte und Hilfestellungen gedankt.
- RAMBACH, in: WKHB 47, Juni 1969.
- RAMBACH 1961, Amtshäuser, 104.
- StAW Protokoll H,B VIII 299; RAMBACH 1961, 113
- StAW Stadtrechnungen 1845 B IX 702; RAMBACH, Amtshäuser 1961, 109
- RAMBACH I, 243.
- WKHB 47, Juni 1969, 3.
- WKHB 51, Juni 1970, 4
- RAMBACH I, 251.
- Bild: Rambach, in: WKHB 47, Juni 1969, 3
- RAMBACH, in: WKHB 47, 1969, 3.
- RAMBACH 1961, Amtshäuser.
- RAMBACH, in: WKHB 47, Juni 1969, 3.
B: Die zweite Stadtmauer
Zu dem Bau der zweiten Stadt gibt es keine Quellen. Vermutlich ist die Lage des Inschriftensteines im Haus Lange Straße 18, auf welchem »Anno 1451 verbrant die stat« steht dahingehend interpretiert worden, daß dieses Haus erst nach dem Mauerbau errichtet wurde. Die Mauer soll nach dem Stadtbrand gebaut worden sein.
Der Zirkelschluß ist offensichtlich. Der Stadtbrand ist auch aus einer Urkunde des Jacob von Staufen vom 6.8.1459 belegt. In dieser Urkunde bestätigt er das Recht der Schneider und Wattleute, sich zu einer Bruderschaft zusammenzuschließen. Der ursprüngliche Brief sei bei dem Brand 1451 vernichtet worden[38].
Auch die Annahme, daß die zweite Mauer stärker gewesen sein soll, ist unklar.
Neuere Baubefunde fehlen fast vollständig. Nur die Photographien des Unteren Rondelles gewähren Einblick in die Bausubstanz.
Der erste Stadtplan Waldkirchs zeigt den Verlauf der zweiten Mauer. Im Süden, Westen und Osten sind Mauerzüge vorhanden, ferner sind zwei Rondelle sind eingezeichnet. Allerdings ist der Mauerring nicht vollständig geschlossen. Die Mauer auf der Ostseite reicht bis zum Marktplatz, im Westen bis zur NW-Ecke. Die Nordseite der Stadt war nicht von einer Mauer geschützt. Tore o.ä. sind nicht vermerkt.
a) Tore
Oberes Törle
Ungefähr 10m von der ersten Mauer nach Osten hin wurden weitere Reste einer 7m langen Mauer gefunden, die von West nach Ost verlief. Das östliche Ende der Mauer stimmt mit dem Verlauf einer vor wenigen Jahren entdeckten, nach Süden anschließenden Mauer überein. Die Datierung fällt schwer, doch dürfte es sich nach der im Fundamentbereich geborgenen Keramik um einen Bau des 15.Jh. handeln. Dank des Entgegenkommens des städtischen Tiefbauamtes konnten die Baupläne derart abgeändert werden, daß die Mauer erhalten werden konnte. Obwohl die Mauer fast einen Meter dick ist und gut fundamentiert wurde, scheint es sich weniger um die Fundamente einen Turmes gehandelt zu haben, sondern um den Anschluß der zweiten Mauer an die erste. Dennoch sollte die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß dieser Bereich doch mit einem größeren Gebäude geschützt war. Die archäologische Untersuchung musste unter großem Zeitdruck erfolgen, sodaß diese Fragen nicht befriedigend beantwortet werden können.
Unteres Tor
Am Unteren Tor war offensichtlich kein weiteres Tor vorgesehen. Ein Plan von 1817 vermerkt hier nur einen Schlagbaum, sowie die Mauer und einen Stadtgraben.
b) Türme
1.) Oberes Rondell
Mit dem Dreissigjährigen Krieg scheint die Funktion der Mauer ihren Sinn verloren zu haben. Auch aus der Not hraus geboren ist sicher der Gedanke, das Obere Rondell 1648 zum Bau von Backhäusern abzutragen [39]. Offensichtlich wurde dieser Plan nicht ausgeführt, da 1710/20 auf dem Oberen Rondell eine Brennhütte errichtet werden soll. Auch dieses Unternehmen wurde nicht in die Tat umgesetzt.
1737 wird die Stadt Waldkirch befragt, ob in dem Rondell ein Haus errichtet werden darf. Auch über dieses Vorgang ist weiter nichts bekannt. 1759 wird das Gemäuer zur Reparatur von Spritzen eingerichtet. 1768 soll es zu einem Gießhaus ausgebaut werden. 1769 ist der Gürtler Bartholomäus Dufer hier mit seiner Löffelmacher-Werkstatt untergekommen. Er hat es von der Stadt für 10 Jahre gepachtet. 1798 wird das baufällige Haus als Wohnung erneuert. Wann das Obere Rondell endgültig angetragen wurde, ist nicht bekannt. Heute steht ein modernes Wohnhaus an seiner Stelle.
2.) Unteres Rondell
Nach der Schleifung der Befestigung wird vom Rondelll weniger mehr als eine Ruine übriggeblieben sein. 1736 baut Johann Rindsjehlen im unteren Rondell eine Wohnung. Dieses Haus wurde 1912 abgerissen [40]: Das Rondell an der Ringstraße wird aufgedeckt und glücklicherweise photographiert. Als das heutige Kino 1926 gebaut wurde, konnten die Reste des Rondelles wieder beobachtet werden. Da die Fundamente des Turmes nicht restlos abgetragen wurden, stecken sie noch heute unter der Treppe des Kinos und der davorliegenden Straße.
Das Photo zeigt den Stumpf eines mächtigen Turmes aus Buckelquadern mit einer kleinen, fast ebenerdigen Schießscharte. Nach Norden hin setzt sich eine Mauer fort, die ähnlich der ersten Stadtmauer erbaut ist (abwechselnde Lagen von großen und kleinen Geröllen). Auch die Verwendung der Buckelquader spricht eher gegen eine Entstehung in der Mitte des 15.Jh., da sich mit dem Aufkommen der Kanonen diese Bauform als ungünstig erwiesen hat.
3.)
Am wenigsten wissen wir von dem Rondell im Nordwesten der Stadt. Es wird 1733 erwähnt, 1734 soll ein Häuschen darin erbaut werden. Die Lagebezeichnung ist mit »Haus am oberen Schwibbogen« eindeutig. Möglicherweise steckt in dem heutigen Haus der Rest des Rondelles, da ein runder Anbau sichtbar ist.
Auf dem Plan von Anton Bühler aus dem Jahre 1794 sind nur drei Türme eingetragen. Außer dem Rabenturm der inneren Mauer die erwähnten Rondelle- das oberen und das untere.
c) Mauer
Nach dem Stadtplan von 1795 ist klar zu erkennen, daß die zweite Stadtmauer nur auf der West- und Südseite vorhanden war. Die Bauweise ist bislang über die Beobachtungen im Zuge der Sanierung der Gartenstraße und durch die Photographie des Jahres 1912 erkennbar. In der Gartenstraße wurde eine 50cm dicke Mauer in der Flucht der heutigen Straße festgestellt.[41]
Beim Abriß des Rondelles in der Ringstraße wurde auch ein Stück der nach Norden verlaufenden Mauer freigelegt. Die Bauweise dieser Mauer entspricht der Technik der ersten Stadtmauer: Abwechselnde Lagen von großen und kleinen Geröllen bestimmen das Bild.
d) Gräben
Auf dem Stadtplan von 1795 sind keien Stadtgräben eingezeichnet. Nur auf dem schon erwähnten Plan von 1817 wird der »innere« und der »äußere« Stadtgraben dargestellt. Archäologische Befunde gibt es hierzu nicht. Mangels weiterer Quellen kann zu diesem Punkt weiter nichts ausgesagt werden.
e) Orthäuser
1.) Am Oberen Tor
Am Oberen Tor springt das Haus vor dem Hirschen um ca. 7m in die Straße vor [42], also wesentlich weiter als heute.
Auf dem ersten Stadtplan Waldkirchs von Anton Bühler aus dem Jahre 1794 ist nur südlich der heutigen Lange Straße ein Orthaus eingezeichnet.
Seit 1851wurde hier eine Seifensiederei betrieben [43]. 1898 brannte das stattliche Haus ab [44]. Als das Haus neu erbaut wurde, legte ddie Stadt Waldkirch großen Wert auf eine Verbreiterung der Straße, mit der Folge, daß die Hausflucht um 5m zurückgesetzt wurde. Bei Bauarbeiten 1995 und 1996 konnten die Grundmauern dieses Hauses erkannt werden. Allerdings wurden diese im Zuge der Bauarbeiten entfernt. Interessant ist die Beobachtung, daß die Verfüllung u.a. aus Schlacke bestand. Dies weist auf die Nähe eines Schmiedes hin. Ob die Verfüllung beim Abbruch des Hauses 1898 erfolgtem oder noch früher, kann aufgrund der geringen Anzahl geborgener Keramik nicht entschieden werden.
Weder am Walkertor, noch am Oberen Tor, noch am Oberen Törle gibt es derzeit einen Hinweis auf ein Orthaus.
Es ist auffallend, daß in den ab dem 17.Jh. vermehrten Nennungen zur Stadtbefestigung nur die »alte« Mauer und die Tore genannt werden. Es scheint bei dem Bau der zweiten Mauer nicht zu einem Bau von Toren gekommen zu sein. Welchen Zweck die zweite Mauer dann hatte, wie die Anschlüsse an die innere Mauer waren, und ob dieser Mauer überhaupt eine ernstzunehmende Funktion zuzuschreiben war, ist unklar. Bemerkenswert sind die Eckrodelle.
Anmerkungen:
- RAMBACH1981, Handwerk, 34.
- WETZEL I, 435.
- RAMBACH, in: WKHB 87, Juni 1979, 5.
- Freundliche Mitteilung von Herrn Mainardt, Tiefbauamt Waldkirch.
- s.a. RAMBACH, in: WKHB 47, Juni 1969, 3.
- ebd. und RAMBACH, in: WKHB 89, Dezember 1979.
- RAMBACH, in: WKHB 89, Dezember 1979.
C: Zusammenfassung
Die Stadtmauer von Waldkirch dürfte in der Zeit um 1300, eventuell noch im letzten Viertel des 13.Jh. erbaut worden sein. Sie bestand aus 4 Toren (Oberes Tor, Niederes Tor, Walker-/Gerberor, Oberes Törle), der Stadtmauer und einem Stadtgraben. Die Höhe betrug mindestens 5m, die Breite des Stadtgrabens dürfte etwa 7m betragen haben, die Tiefe 5-7m. Die Befestigung musste im Verlauf des 30-jährigen Krieges massive Schädigungen hinnehmen, ebenso in der Zeit bis 1705 weitere Kriegsschäden.
Dennoch wurde anfangs noch stark auf die Wiederherstellung zumindest der Tore geachtet, während für die zunehmende Schleifung der Mauern ab dem frühen 18.Jh. Belege vorliegen. Die Stadttore wurden am Ende des 18.Jh. endgültig geschleift.
Trotz aller Einggriffe in die Bausubstanz ist die Stadtmauer an einigen Stellen noch sehr gut erhalten und sichtbar, so z.B. zwischen der Schusterstraße und der Damenstraße. Hier ist in zwei Tiefgaragen die Mauer erhalten geblieben, was den "unterirdischen" Umfang der Mauer eindrücklich zeigt, da diese etwa 3m tief in den Boden reicht. Auch obertägig sind noch größere Reste sichtbar. Ferner ist ein großes Mauerstück zwischen der Turm- und der Blumenstraße bis in 5m Höhe erhalten. Die Reste der Mauer und des letzten Turmes am Gewerbekanal dürften jeden Leser bekannt sein. Der Graben ist an der Ecke Runzweg/Ringstraße, sowie in der Gartenstraße (Kindergarten; Polizei) mit einiger Phantasie zu erkennen.
D: Literatur
- WKHB
- Waldkircher Heimatbrief
- ZGO
- Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins
- UkHlG
- Urkunden des Heilig-Geistspitals Freiburg
- Rambach I
- H.Rambach, Waldkirch und das Elztal, Band 1, 1989
- Rambach II
- H.Rambach, Waldkirch und das Elztal, Band 2, 1991
- Rambach, Pro Musica
- Rambach, Amthäuser
- Rambach, Stadtgründungen
- Wetzel I
- M.Wetzel, Waldkirch im Elztal, 1912
- Wetzel II
- M.Wetzelm Waldkirch im Elztal, 1923
- StAW
- Stadtarchiv Waldkirch
Es ist gerade mal 4 Jahre her, seit Willi Thoma im Waldkircher Heimatbrief Nr.141, 5-10 unter Verwendung der Angaben von H.Rambach in seinen beiden Büchern "Waldkirch und das Elztal" einen Aufsatz über das "Vieltürmige Waldkirch" veröffentlicht hat - der erste Aufsatz, der dieses Thema derart zusammenfassend behandelt hat. Durch Beobachtungen und Untersuchungen während Bauarbeiten im Altstadtbereich und durch Quellenstudium konnten in den letzten Jahren mehrere neue Informationen hinzugewonnen werden, die hier den interessierten Waldkircher Bürgern dargeboten werden sollen.
Bemerkungen zur Entstehung der Stadt Waldkirch
Diese Vorbemerkungen sind notwendig für das Verstehen des Folgenden. Dennoch muß betont werden, daß das Thema nur angerissen werden kann, und eine ausführliche Würdigung in einem späteren Aufsatz geschehen soll.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß sich wohl schon im 10.Jh. rund um das Kloster auch eine Laiensiedlung gebildet hat. Eine solche brauchte ein jedes Kloster, ein Frauenkloster umsomehr, da die Nonnen die notwendigen Arbeiten (Bauen, Lebensmittelversorgung...) keinesfalls selbst durchführen konnten. Außerdem waren die Nonnen häufig adelige Witwen oder Töchter von Adeligen, die sich zu niederen Arbeiten trotz aller geforderten Demut wohl kaum hingegeben haben. Schon im 10. Jh. werden die Leute des Klosters erwähnt, weil sie den Besitz eines anderen Klosters eingefallen sind, und Zerstörungen hervorgerufen haben. Die Laienkirche St.Walburga ist 1178 erstmals genannt. Die Vögte des Klosters werden im 10.und 11.Jh. ebenfalls in unmittelbarer Nähe des Klosters gelebt haben. Ob auf der Küchlinsburg oder anderswo, ist nicht bekannt. Die Küchlinsburg und Kyffelburg in der Oberstadt dürften spätestens im frühen 13.Jh. (wahrscheinlich aber früher) gebaut worden sein, da ihre Besitzer - die Ammann und die Vischerbach im 13.Jh. hier lebten.
Die ersten Hinweise auf eine "neue Stadt" gehen aus der Urkunde von 1287 hervor. hierin ist von einer "neuen" und einer "alten" Stadt die Rede. Anlaß, die Urkunde auszustellen war, die Verleihung der Badstube an Rudolf Muterling. Das Bad lag außerhalb der Stadt jenseits des Gewerbekanals. Für mittelalterliche Bäder ist das eine typische Lage. Das heißt aber, daß spätestens 1287 die Grenzen der Stadt schon abgesteckt waren und der Gewerbekanal gebaut war! Es heißt aber nicht, daß auch schon eine Stadtmauer vorhanden war. Die "niuwe stat" wird ausdrücklich neben der "alten stat" genannt. Auch die Existenz eines Walkers 1287 verweist auf das Vorhandensein des Gewerbekanals und natürlich einer Walke. Da die Spitalmühle aber die seit alters her für die Bürger der Stadt wichtige Mühle war, dürfte dies als wichtiger Hinweis zur Entstehung des Kanals in der Zeit zwischen dem 10. und 13.Jh. gesehen werden. Allein die Erwähnung eines Bades lässt erahnen, welche Infrastruktur vor der Stadtgründung vorhanden gewesen ist.
Vor 1300 gibt es nur 4 Quellen, die über die Stadtwerdung Waldkirchs Auskunft geben. Sie zeigen aber deutlich, daß schon vor 1300 ein funktionierendes Gemeinwesen mit ca. 250-300 Einwohnern vorhanden war.
Noch vor der Stadtrechtsverleihung gab es einen Rat, der aus Lehensleuten der Schwarzenberger, also Angehörigen des niederen Adels bestand.[1] Der Rat und die Bürger hatten offenbar auch schon ihr eigenes Siegel, wie aus der Urkunde von 1287 hervorgeht. Auch ein Gericht war in der Stadt vorhanden, es wird 1299 genannt. Nach der Stadtrechtsverleihung im Jahre 1300 werden 1306 in einer weitern Urkunde eine ganze Reihe von Waldkircher Bürger erwähnt. Da die Familiennamen erst ausgebildet wurden, sind stattdesen die Berufsbezeichnungen aufgeführt. Hieran können wir erkennen, daß jedes für die Versorgung einer Stadt und des Umlandes notwendige Gewerbe vorhanden war. Wichtig waren die Herstellung Verarbeitung von Textilien (12%), Holz (7%), Leder (6%), Kaufleute (4%), Metall, Metzger, Müller, Bäcker (3%). Nur einmal werden erwähnt: Bader, Wirt, Seiler, Winzer, Hafner.
Aufgrund von Überlegungen, die die Stadtwerdung in den Zusammenhang mit der Herrschaftsübernahme durch die Schnabelburger stellen, muß festgehalten werden, daß die Stadt um die Mitte des 13.Jh. entstanden sein muß. Archäologische Beobachtungen scheinen dieses Bild derzeit zu bestätigen, da bislang noch keine Keramik des 12.Jh. geborgen werden konnte.
Die Stadt wuchs offensichtlich nicht wild, sondern mit festgelegten Grenzen. Wann diese Grenzen "versteinerten", d.h. wann die Umwehrung gebaut wurde, läßt sich noch nicht klären. Sie bestand sicher schon am Anfang des 13.Jh.
Veröffentlicht in:
Waldkircher Heimatbrief Nr.165, Dezember 1997, S. 4-9 (Teil A)
Anmerkungen:
- s. WKHB Nr. 157, S.10 (Sigebot), Nr. 160, S.7 (Amman), Breisgauer Burgenatlas, Kyffelburg (Vischerbach), i.Dr.